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Ulrich Krömer, Dipl.-Pädagoge

Über Veränderung – Was will Gestalttherapie ?

„Niemand kann Euch etwas eröffnen, das nicht schon im Dämmern Eures Wissens schlummert.“ (Khalil Gibran)

Gestalttherapie ist vor allem Entdecken dessen, was immer schon zu dem jeweiligen Menschen gehörte – jedoch vergessen, verdrängt, nicht (mehr) gesehen, nicht (mehr) gelebt.

Gestalttherapie will dem Einzelnen ermöglichen, die eigene Weisheit, die eigene innere Orientierung und Führung (wieder) zu entdecken.

Einen Eindruck vom Geist der Gestalttherapie bzw. von Selbstverständnis und Haltung des Therapeuten gibt der folgende Text über die paradoxe Theorie der Veränderung:

Über Veränderung
„Veränderung geschieht, wenn jemand wird, was er ist, nicht wenn er versucht, etwas zu werden, das er nicht ist. Veränderung ergibt sich nicht aus einem Versuch des Individuums oder anderer Personen, seine Veränderung zu erzwingen, aber sie findet statt, wenn man sich die Zeit nimmt und die Mühe macht, zu sein, was man ist; und das heißt, sich voll und ganz auf sein gegenwärtiges Sein einzulassen. Indem der Gestalttherapeut es ablehnt, die Rolle dessen zu übernehmen, der Veränderung „herstellt“, schafft er die Voraussetzung für sinnvolle und geordnete Veränderung.
Der Gestalttherapeut verweigert die Rolle des „Veränderers“, weil seine Strategie darin besteht, den Klienten zu ermutigen, ja sogar darauf zu bestehen, dass er sein möge, wie und was er ist. Er glaubt, dass Veränderung nicht durch Bemühen, Zwang, Überzeugung, Einsicht, Interpretation oder ähnliche Mittel zu bewirken ist. Vielmehr entsteht Veränderung, wenn der Klient – zumindest für einen Moment – aufgibt, anders werden zu wollen, und stattdessen versucht zu sein, was er ist. Dies beruht auf der Prämisse, dass man festen Boden unter den Füßen braucht, um einen Schritt vorwärts zu machen, und dass es schwierig oder gar unmöglich ist, sich ohne diesen Boden fortzubewegen.“ (aus: Arnold R. Beisser, Wozu brauche ich Flügel?, Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2003, 2. Auflage, S. 139)

Den Geist des „Heilens durch Begegnung“ drückt auch eine kurze Geschichte aus der jüdischen Tradition des Chassidismus aus, erzählt von Martin Buber, einem der geistigen Väter einer dialogischen Therapie:

Wenn zwei singen
Wenn ein Mensch singt und seine Stimme nicht erheben kann, und ein anderer kommt und singt mit ihm, ein anderer, der seine Stimme erheben kann, dann wird es auch dem ersten gelingen, seine Stimme zu erheben.